Rede zum SPD-Antrag " 'Incels, Alpha-Males & Pick-Up Artists' – Frauen- und demokratiefeindliche Trends ernstnehmen, Frauen- und Mädchenhass im Netz bekämpfen" beim Plenum am 9. Oktober 2024:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollleg*innen der demokratischen Fraktionen!
Die Problemlagen, die in dem vorliegenden Antrag aufgezeigt werden, sind durchaus real und alarmierend. Ihnen allen liegt ein abgrundtiefer Frauenhass zugrunde.
Es geht um involantary celibates, also um unfreiwillig sexuell enthaltsame Männer, die sogenannten Incels. Sie sind eine Internetsubkultur heterosexueller Männer, die, wie der Name schon sagt, unfreiwillig keine romantische Beziehung und keinen Geschlechtsverkehr haben. Dafür machen sie – Überraschung – Frauen verantwortlich. Schuld daran ist angeblich der Feminismus, aber auch die eigene gefühlte Unzulänglichkeit und Minderwertigkeit, die dann im Kollektiv umschlägt in ein – ja – selbstgerechtes Gefühl von Größe, Allmacht und Zusammengehörigkeit.
Mit einem sehr ähnlichen Weltbild bedienen sich die sogenannten Alpha-Males, die vor allem auf TikTok ihr Unwesen treiben. Diese Bewegung lebt ein längst überholt geglaubtes Männerbild. Frauen werden hier nicht mehr als Feindinnen, sondern nur noch als Objekte wahrgenommen. Die sogenannten Alpha-Males zeichnen sich durch ihre Aggressivität und Gewalttätigkeit aus. Online predigen sie Gewalt gegen Frauen und leben ihren Sexismus und Frauenhass aus.
Als wäre das noch nicht genug toxische Männlichkeit im Netz, gibt es auch noch die Pick-up-Artists und die Dating Coaches, Männer, die sich Frauen gegenüber überlegen fühlen und Verhaltensweisen und psychologische Tricks an unsichere Männer weitergeben, die bisher kein großes Datingglück hatten und sich hier Hilfe erhoffen. Das Ziel dieser Pick-up-Artists ist es aber nicht, irgendwie die große Liebe zu finden, sondern Frauen möglichst schnell zu sexuellen Handlungen zu drängen, notfalls auch mit Gewalt. Hierfür wird toxisches Verhalten eingeübt, um Frauen zu manipulieren und ihnen den eigenen Willen aufzuzwingen.
All diese Akteure transportieren ein hochproblematisches Frauenbild, das uns alarmieren sollte. Ich glaube, da sind wir uns auch einig. Sie predigen die Überlegenheit des Mannes und schüren Hass und Verachtung gegenüber Frauen, der seinen Weg auch in unsere analoge Realität findet.
Genauso vielfältig wie die Akteure, durch die Frauen so viel Hass und Häme entgegenschlägt, sind es auch die Formen von digitaler Gewalt, die sie erfahren müssen. Wir haben uns ausführlich mit dem Antrag der SPD beschäftigt. Wir hatten eine Anhörung und haben im Ausschuss schon diskutiert. An dieser Stelle noch einmal einen großen Dank an die Sachverständigen, die uns mit ihrer Expertise zur Seite standen. Es war eine sehr spannende und erkenntnisreiche Anhörung, wie ich im Nachgang mitbekommen habe.
Jedoch muss ich feststellen, dass wir viele Punkte, die von den Expert*innen als wichtig erachtet werden, die dringend angegangen werden müssen, im Land gar nicht regeln können. So steigen einerseits die Fälle von digitaler Gewalt, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt werden. Gleichzeitig kann KI aber auch im Aufsichtsbereich genutzt werden.
Auch andere Ansätze, die sich unter dem Stichwort „Security by Design“ zusammenfassen lassen, können den Social-Media-Plattformen vorgeschrieben werden, darunter Warnhinweise sowie die Anpassung und Reglementierung von Algorithmen, damit von harmlosen Inhalten wie Sport und Ernährung nicht ganz automatisch antifeministische Inhalte weitergeleitet werden. Diese Punkte müssen im Europäischen Parlament erstritten und entschieden werden.
Auf Landesebene haben wir uns aber auch schon auf den Weg gemacht. Forderungen aus dem Antrag wie die Medienkompetenz für Schüler*innen und Informationen für Eltern werden bereits teilweise durch die Arbeit der Landesanstalt für Medien abgedeckt.
Wir haben auch die Beratungsstellen. Sie haben zu Recht gesagt, das ist alles ausbaufähig, aber die gibt es und die sind in dem Bereich auch sensibilisiert, beraten und arbeiten präventiv. Darüber hinaus haben wir die Meldestelle Antifeminismus, an die sich Menschen bundesweit wenden können.
Es gibt andere Forderungen im Antrag, wie etwa Lehrpläne zu entschlacken. Die bleiben noch ein bisschen unkonkret.
Mir fehlt, ehrlich gesagt, noch insgesamt der konkrete Anpack. Wir haben das im Ausschuss diskutiert. Heute werden wir den Antrag ablehnen. Wir erkennen aber – das sage ich in aller Ehrlichkeit – die Aktualität und die Ernsthaftigkeit des Themas von Hass im Netz an, der sich oft gegen Frauen und marginalisierte Personen wendet. Wir werden weiterhin an dem Thema arbeiten und sind bereit, gemeinsam nach den besten Lösungen zu suchen. – Vielen Dank.